Bevölkerungsgeographie – Karl Krzeminski https://krzeminski.work Sat, 02 Jun 2018 09:40:14 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.8.2 Gigacities in China [2]: INDIREKTE DATEN https://krzeminski.work/gigacities-in-china-2-indirekte-daten/ Sun, 14 Jan 2018 09:11:51 +0000 https://krzeminski.work/?p=2765 (Pixabay CC0 1.0)

Indirekte Daten mangels offizieller Fakten

Seit der Ankündigung im Jahre 2015 sind von offizieller chinesischer Seite keine weiteren Angaben zu den GIGACITIES erfolgt [1]. Es existieren weder endgültige und verbindliche Zahlen zur Fläche und Einwohnerzahl, noch Angaben zu den beteiligten Gebieten für die geplanten GIGACITIES [2]. Daher habe ich mir die Freiheit herausgenommen, die potenziellen Cluster mit Hilfe der momentan verfügbaren Daten statistisch einigermaßen sichtbar zu machen. Damit erhält man einen groben ersten Eindruck, wie die zukünftigen chinesischen GIGACITIES möglicherweise beschaffen sein könnten.


Mögliche Eckdaten der bisher geplanten GIGACITIES. Die Tabelle ist nur eine grobe Übertragung der Pläne an die gestehenden administrativen Gegebenheiten (eigener Entwurf, Datenquelle Thomas Brinkhoff: City Population, China / CC BY 3.0)

Die Größten unter den Größten

Demnach wäre die GIGACITY am Jangtsedelta (YRD) gemessen an den Einwohnern mit rund 143 Millionen die bevölkerungsreichste Stadt der Welt. Flächenmäßig wäre jedoch die GIGACITY im Chongqing-Sichuan-Becken (CSB) mit einer Viertelmillion Quadratkilometern die größte Stadt. Zusammengenommen würden in diesen ersten 5 geplanten Gigastädten rund 560 Millionen Menschen leben – also ca. 40 % der Chinesen oder 7 % Weltbevölkerung.

Schon heute wirtschaftliche Giganten

Wirtschaftlich gesehen machen diese fünf Cluster heute bereits mehr als 60 % des gesamtchinesischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus [3]. Oder anders gesagt: Wären diese Städteregionen unabhängige Länder so würde YRD vor Indien auf Platz 6, PRD vor Kanada auf Platz 10 und JJJ vor Mexiko auf Platz 14 liegen [4]. In einem anderen Vergleich wird die wirtschaftliche Kraft noch extremer deutlich: Diese drei genannten Regionen Chinas erbringen zusammen die 2-fache Wirtschaftsleistung des gesamten afrikanischen Kontinents und die 3-fache Australiens [5].

In den kommenden Beiträgen stelle ich nun die einzelnen GIGACITIES unter den hier genannten Gesichtspunkten der Reihe nach vor. Beginnen werde ich demnächst in Teil 3 mit Jing-Jin-Ji, der ersten Stadt ihrer Art.

Anmerkungen zur Tabelle:

Die Fläche sowie die Einwohlerzahl habe ich auf eine glatte Tausender- bzw. Millionenzahl gerundet.

* Die Berechnungen der demographischen Daten basieren auf den Projektionen der chinesischen Statistikbehörde NSB. Siehe Thomas BRINKHOFF: China – Provinzen und größere Städte, http://www.citypopulation.de/China-UA_d.html.

° Dies sind keine offiziellen Abkürzungen sondern leiten sich von der Bezeichnung des jeweiligen Clusters ab.

Zusätzliche Infos:

[1] Im Gegenteil: Der konkrete Zeitplan wird nach wie vor geheim gehalten. Ulrike PUTZ: China plant 130-Millionen-Megacity.

[2] Eine Ausnahme bildet Jing-Jin-Ji, die allererste GIGACITY, die auch am häufigsten in der Berichterstattung angeführt wurde. Jedoch sind auch für diese Stadt lediglich Richtwerte bekannt, keinesfalls Hardfacts. Beim zentralen Cluster am mittleren Jangtsetal sind ist sogar lediglich „Anweisungen“ zur stärkeren Vernetzung an die Behörden der beteiligen Städte Wuhan, Changsha und Nanchang ergangen. Es ist daher zweifelhaft, ob dieser Cluster tatsächlich Realität werden kann. Johnny ERLING: Mega-City? China baut schon an Giga-Städten.

[3] Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2016 der jeweiligen Provinzen und Städte, an denen die geplanten GIGACITIES Anteil hätten. Wikipedia: List of Chinese administrative divisions by GDP. Die Wirtschaftsleistung von Hongkong und Macau habe ich anteilig hinzugerechnet. Generell werden die beiden Sonderwirtschaftszonen beim internationalen Vergleich separat aufgeführt.

[4] Seit dem Beitrag auf Strange Maps, der mich auf die Idee dieser Gegenüberstellung brachte, haben sich die Werte und die Platzierungen der Länder leicht verändert.

[5] Die Berechnung basiert auf den Daten des WELT-BIP der Bundeszentrale Deutschlands aus dem Jahre 2014.

 

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Gigacities [4]: AUCH IM REST DER WELT? https://krzeminski.work/gigacities-4-auch-im-rest-der-welt/ Sun, 17 Dec 2017 08:28:50 +0000 https://krzeminski.work/?p=2289 (Pixabay CC0 1.0)

Welche Regionen auf der Welt kommen sonst noch in Frage?

Außerhalb von China (violetter Kreis in der Karte) gibt es auf der Welt zwei weitere große Regionen mit den nötigen Voraussetzungen für potentielle GIGACITIES. Und zwar ebenfalls in Asien: auf dem indischen Subkontinent und in Südostasien (roter bzw. gelber Kreis) [1]. Mehrere dutzend Millionenstädte und einige Megacities liegen bereits an den Küsten des indischen Ozeans und an den Flüssen Indus, Ganges und Brahmaputra sowie deren Mündungsgebieten [2]. Die meisten davon liegen in Indien, weitere in Indonesien, Pakistan, und Bangladesch [3].


Die Bevölkerungsverteilung auf der Welt (Wikipedia CC0 1.0). Die Schwerpunkte in OSSO-Asien, sowie potentielle Megalopolis auf der ganzen Welt (eigener Entwurf)

Megalopolis statt GIGACITY

Alle anderen Weltregionen kommen jedoch aufgrund ihrer „geringen“ Bevölkerung sowie kleinräumigeren administativen Aufteilung nur schwer in Frage [5]. Stattdessen können in diesen Regionen sogenannte Städtelandschaften oder Megalopolis entstehen. Diese erstrecken sich entlang einer Siedlungsachse in größeren Staaten oder auch grenzübergreifend. Da dieses geographische Konzept keine politisch-administrative Zusammenlegung voraussetzt, wären hierbei die potenziellen Kandidaten wesentlich häufiger (blaue Rechtecke in der Karte).

Weitere Reihen sind in der Vorbereitung

Mögliche GIGACITIES im Südlichen Asien werden Thema einer eigenen Reihe sein. Nach deren Abschluss werde ich in einer weiteren Reihe die Megalopolis rund um die Welt vorstellen. Diese wird nach den (Groß-)Kontinenten sortiert und sehr umfangreich sein, da ich die Städtelandschaften mit ihren Besonderheiten einzeln vorstellen werde. Doch zunächst soll es im letzten Beitrag dieser Reihe um ein Gedankenspiel einer möglicherweise letzten Stadtdefinition gehen: der Teracity.

Lesen Sie dazu mehr in Teil 5.

Zusätzliche Infos:

[1] Eine exakte geographische Abgrenzung Südasiens existiert nicht. Die gängige Einteilung der Welt in ein Geo-Schema durch die UN-Statistikkommission orientiert sich an politischen Grenzen und schließt auch den Iran mit ein, während andere Gliederungen diesen bereits als ein Land des Nahen bzw. Mittleren Ostens sehen. Die Abgrenzung Südostasiens orientiert sich ebenfalls an politischen Grenzen, ist aber eindeutiger, da diese Region die Wirtschaftsunion ASEAN bildet. Der Einfachheit halber fasse ich diese beiden Regionen zur Großregion „Südliches Asien“ zusammen.

[2] In diesem Teil der Welt leben nämlich ca. 53 % der Weltbevölkerung auf nur rund knapp 14 % der Erdoberfläche!

[3] Diese Länder belegen jeweils Platz 2, 4, 6 und 8 der bevölkerungsreichsten Staaten der Welt.

[4] Ich habe diesen Teil der Welt zur besseren und schnelleren Kennzeichnung kurzerhand OSSO-Asien genannt – zusammengesetzt aus Ost-, Süd- und Südostasien. Die englische Entsprechung wäre ESSE-Asia. Generell unterscheidet sich dieser Teil der Welt kulturell-religiös stark von anderen Erdteilen (Östliche Philosophie /Dharmische Religionen).

[5] Afrika wird zwar bis 2100 wohl bis zu 2 Milliarden Einwohner haben, aber diese werden sich viel stärker über den Kontinent verteilen, der mit bis dato 54 Staaten auch relativ „gleichmäßig“ aufgeteilt ist.

Weiterführende Literatur:
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New Cities [4]: NEUE ZUKUNFT https://krzeminski.work/new-cities-4-neue-zukunft/ Sun, 30 Jul 2017 08:00:43 +0000 https://krzeminski.work/?p=977 Die Stadt „Madinaty“ nordöstlich von Kairo (© 2017 Google Earth, Kartendaten: DigitalGlobe)

Buchstäblich auf Sand gebaut?

Durch Umzugsanreize wurde zwar versucht, mehr Menschen in diese Städte zu locken, doch der große Erfolg blieb bislang aus. Insgesamt gibt es derzeit ca. 25 New Cities [1]. Aber bislang wurden nur knapp 27 % der erwarteten Bevölkerungszahl erreicht: 6 % für die 3. Generation, immerhin rund 28 % bei der 1. und annähernd 44 % bei der 2. Generation. Auch die erwarteten Arbeitsplätze liegen mit knapp 800.000 oder ca. 14 % weit unter der benötigten Zahl für rund 6 Millionen Einwohner, geschweige denn für die anvisierten 21 Millionen.

Wie geht es mit den Wüstenstädten weiter?

Trotz dieses eher durchwachsenen Erfolges gibt es bereits Überlegungen für ein neues 140 Millionen US-Dollar teures Städtebauprojekt – sozusagen eine 4. Generation [2]. Bei diesem Programm sollen sogar ganze 48 neue Städte entstehen, also fast doppelt so viele, wie Ägypten in den vergangenen 40 Jahren gebaut hat. Das Land hat aber wohl keine andere Wahl, denn in knapp 30 Jahren wird die Gesamtbevölkerung auf über 150 Millionen anwachsen.

New Cities als Überlebensstrategie

Daher wird es nicht ausreichen einfach weiter Betonstädte in der Wüste zu bauen. Vielmehr wird Ägypten Teile der Wüste urbar machen müssen, um seine Bevölkerung auch ernähren zu können [3]. Ein Beispiel dafür ist das fast 300 km von Toshka entfernte „East Owainat“. Sie ist weniger eine Stadt, mehr eine riesige Bewässerungsanlage inmitten der Wüste (Karte).


Die Agrikulturen um die Siedlung East Owainat mit ihrem kleinen Flughafen. Das grün eingefärbte Areal ist ca. 100 x 100 km groß (© 2017 Google Earth, Kartendaten: Landsat / Copernicus, Beschriftung: eigener Entwurf).

Was bisher über das neueste Städtebauprojekt Ägyptens bekannt ist, können Sie in Teil 5 lesen.

Zusätzliche Infos:

[1] Es existieren jedoch abweichende Angaben zur Anzahl, resultiertend aus unterschiedlichen administrativen Abgrenzungen: So befindet die Stadt Madinaty im 2. urbanen Bezirk (Kism) von Neu Kairo. Die Aufzählung in der Tabelle orientiert sich an den Verwaltungsgrenzen. Vergleich von Jack SHENKER: Desert storm mit W. S. MOUSTAFA und I. R. HEGAZY (2013): Toward revitalization of new towns in Egypt case study: Sixth of October. In: International Journal of Sustainable Built Environment 2 (1). 10–18.

[2] Dazu ausfühlicher Andrea BÖHM: Wachstum auf Kommando!.

[3] Wie dies vonstatten gehen könnte beschreibt Jay VELLA: The Future of Food and Water Security in New Egypt.

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