Nov.21
Gigacities in China [9]: NEBENCLUSTER
Ürümqi als Sinnbild für die chinesische Peripherie (Pixabay CC0 1.0)
Die Nebencluster als Grenzstädte
Als Nebencluster bezeichne ich die fünf restlichen Städte aus der offiziellen chinesischen Verlautbarung, die sozusagen als Grenzstädte in der Peripherie des Landes liegen. Diese wird dabei allgemein nordwestlich der Heihe-Tengchong-Linie angesetzt (Siehe Karte). Jene gedachte Linie grenzt traditionell das dichtbevölkerte, überwiegend von Han-Chinesen besiedelte Kernland Chinas gegenüber dem sehr dünnbevölkerten, mehrheitlich von nationalen Minderheiten bevölkerten „äußeren“ China ab [1].
Die Lage der Nebencluster im Westen Chinas. Die bereits vorgestellten Haupt- und Schwellencluster sind grau unterlegt. (© 2017 Google Earth, Karten: Landsat/Copernicus, Daten: SIO, NOAA, U.S. Navy NGA, GEBCO, Beschriftung: eigener Entwurf)
Veränderung der Demographie
Jedoch hat in den letzten Jahrzehnten eine Binnenmigration von Han-Chinesen jenseits dieser Linie stattgefunden, weshalb diese in einigen Städten mittlerweile die Mehrheit der Einwohner stellen. Der Zuzug wird weiterhin anhalten [2]. Zwar machen die Nebencluster bei rund 7 % der Fläche aktuell nur 3,5 % der Bevölkerung Chinas aus. Doch projiziert man das zurückliegende Wachstum der letzten Jahrzehnte in die Zukunft, dann könnten diese Städte demzufolge eines Tages die zehnfache Bevölkerung erreichen [3]. Dies trifft besonders auf Hohhot, Bantou und Ordos im gleichnamigen Ordos-Plateau zu (Suiyuan) [4].
Die Eckdaten der Nebencluster (eigener Entwurf)
Wirtschaftlicher Aufbruch
Der Grund dafür liegt nicht zuletzt in der sehr hohen Kaufkraft pro Kopf, die mit 20.000 USD in der Inneren Mongolei über dem nationalen Mittel von 15.000 USD liegt [5]. Mittlerweile zählen die drei genannten Städte zu den reichsten Chinas. Dies liegt wiederum an der an Bodenschätzen reichen Region, in der beispielsweise etwa 1/6 der chinesisches Kohlereserven lagern. Die Innere Mongolei gilt als Paradebeispiel für die weitere Entwickelung der anderen vier Regionen. Die fünf GIGACITIES könnten dabei den entscheidenden Anstoß geben.
Im nächsten und letzten Beitrag dieser Reihe werde ich ein vorläufiges Fazit über alle GIGACITIES in China geben.
Anmerkungen zur Tabelle:
* Die Bezeichnungen der GIGACITIES sind nicht offiziell, sondern dienen nur der besseren Unterscheidung. Diejenigen, die in Anführungsstrichen stehen, sind meine eigene Komposition: Huangzhou = Gelbe Stadt, nach den beiden gelben Flüssen Huang Shui und Huang He. Helanzhou habe ich nach dem dortigen Helan-Gebirge benannt. Lhasa–Lhoka und Ürümqi–Changji sind jeweils nach den beiden Bezirken tituliert, aus denen sich diese Nebencluster zusammensetzen.
° Lediglich Suiyuan ist ein authentischer chinesischer Name, nämlich der einer ehemaligen Provinz, die einst die betreffenden Städte umfasste.
Zusätzliche Infos:
[1] Diese Region wird auch als Westchina bezeichnet. Sie ist das Ziel der sogenannten Go-West-Strategie.
[2] Die Regionen Nei Menggu (Innere Mongolei), Ningxia, Xinjiang und Xizang (Tibet) sind einer zunehmenden Sinisierung ausgesetzt. Die Han-Migration in Xinjiang wird besonders vom staatlichen Unternehmen Bingtuan (XPCC) gefördert, das heute 9 Städte in der Region Xinjiang verwaltet. Zwei davon liegen in der Nähe von Ürümqi und haben fast zu 95 % eine han-chinesische Bevölkerung. Durch die 2006 fertiggestellte Lhasa-Bahn (Qinghai-Tibet-Bahn) dürfte sich der Zuzug von Han-Chinesen in Tibet verstärkt haben. Während in der Inneren Mongolei diese Assimilierung der alteingesessenen Bevölkerung bis auf wenige Proteste voranschreitet, brechen in Xinjiang und Xizang (Tibet) regelmäßig Unruhen aus. Die Provinz Gansu, die damals auch Ningxia umfasste, ist bereits seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts sinisiert.
[3] Von Hohhot geht dabei die größte Anziehungskraft aus, während Lhasa wohl auch auf absehbare Zeit eine „kleine“ GIGACITY bleiben dürfte.
[4] Dass diese Entwicklung allerdings nicht ganz reibungslos verläuft, zeigt die Planstadt Kangbaschi, die für mehr als 300.000 Einwohner ausgelegt ist und nach wie vor einer Geisterstadt gleicht.
[5] Diese Autonome Region befindest sich damit im Jahr 2016 auf Platz 8 der chinesischen Provinzen und Regionen. Ningxia befindet sich noch im Mittelfeld (#15). Wohingegen Xinjiang (#23), Xizang/Tibet (#28) und Gansu (#31) stark abgeschlagen sind. Im nationalen Vergleich der Präfekturen liegen mit Ordos (#1), Bantou (#7) und Alxa (#8) drei in der TOP 10. Weitere sind Wuhai (#17) und Hohhot (#26). Die Städte Ürümqi (#51), Lhasa (#62), Yinchuan (#63) und Lanzhou (nicht in der Liste, #80+) sind ebenfalls abgeschlagen.